Navigation: Home / Für Fachkräfte / Prävention in der Schule
Schulpflicht in pandemischen Zeiten
Aus aktuellem Daueranlass möchten wir gerne auf den Leitartikel von Viviane Albers, Uni Oldenburg, im Infodienst der Landesstelle der Jugendsozialarbeit in Niedersachsen verweisen:
"Wenn das Leben von jungen Menschen Kopf steht und Fachkräfte ratlos
sind. Die Bedeutung und Auswirkungen der Covid-19-Pandemie für junge Menschen und Fachkräfte in pädagogischen und psycho-sozialen Handlungsfeldern".
Quelle: https://nord.jugendsozialarbeit.de/seite/507538/infodienst.html
Positionspapier des Vereins "Schule zählt e.V." zur Schulpflicht in pandemischen Zeiten (verfasst von apl. Prof. Dr. Heinrich Ricking, Uni Oldenburg, 2021)
Auch wenn es gelungen ist in Deutschland ohne katastrophale Zustände in den Krankenhäusern durch die ersten Monate der Covid-19 Pandemie zu kommen, sind die drastischen Auswirkungen in vielen Lebensbereichen erfahrbar. Im öffentlichen Schulwesen wandelten sich die Formate der Beschulung in kürzester Zeit – die Begriffe Homeschooling und Online–Unterricht wurden Teil des allgemeinen Sprachgebrauchs. Dass dieses nicht schon früher passiert ist, liegt vor allem an der Schulpflicht, die hierzulande im Vergleich zu anderen Staaten als alternativlos betrachtet wird: Der schulpflichtige junge Mensch muss eine öffentliche oder staatlich anerkannte Schule besuchen. International ist das Muster der Bildungspflicht üblicher, sodass der Unterricht auch in anderen räumlichen und sozialen Kontexten umsetzbar ist als der Schule. In den USA beispielsweise ist die Unterrichtung Zuhause völlig legal und betrifft mehr als 5 % der dortigen Schülerschaft. Unsere ersten Erfahrungen mit dem Homeschooling haben also unsere Vorstellungen von der unbedingten Verpflichtung zum Schulbesuch auf den Kopf gestellt, in der Lockdown-Phase konnte man auch von staatlich sanktionierten Schulabsentismus sprechen. Vielen ist in dieser Zeit, die oftmals als belastend und stressig erlebt wurde, die Bedeutung der Schule für die Kinder, Jugendlichen und Eltern neu vor Augen geführt worden: Schule als Bildungs- und Erziehungseinrichtung, als Ort der sozialen Begegnung und nicht zuletzt als Hort der Betreuung. Vor diesem Hintergrund wurde schnell deutlich, dass die in Deutschland ohnehin stark ausgeprägte Abhängigkeit des Schulerfolgs von der sozialen Herkunft weiteren Vorschub bekam und sich der Schereneffekt leicht ausweitete.
Digitaler Unterricht erfordert, um erfolgreich zu sein, ein förderliches Umfeld und stabile Strukturen der Unterstützung. Weil durch den digitalen Fernunterricht (der mal besser und mal schlechter umgesetzt wurde) so manches Kind abgehängt worden sein dürfte, bekommt der Schulabsentismus im Zeichen der Pandemie somit eine zusätzliche Bedeutung bzw. Dimension: Hier stellen sich die Fragen einer ausreichenden technischen Ausstattung in Schule und Zuhause, der Professionalität der Schule den Fernunterricht umzusetzen oder den konkreten Bedingungen der häuslichen Situation. Es ist leicht abzuleiten, dass in einem Fall das Homeschooling durchaus als Gewinn bringende Alternative verbucht wurde, in einem anderen eher als eine Art „Corona-Ferien“. Absentismus kleidet sich in diesem Kontext in völlig neue Kleider - es tauchen plötzlich ganz neue Formen auf – z. B. das Offline sein. Ein Kind schaltet sich gar nicht erst in die Videokonferenz ein und man fragt sich als Lehrkraft, was hinter dem schwarzen Bildschirm passiert? Einige tauchen unter, reagieren nicht auf Mails, Anrufe oder geben keine Hausaufgaben ab etc. Die Anforderungen an die Lehrkräfte und die Schule sind ungleich höher, um „in Beziehung“ zu bleiben und auch noch Stoff zu vermitteln. Darin zeigt sich auch die enorme Bedeutung von Beziehungen und sozialen Bindungen zwischen den Lehrkräften und Mitarbeitern der Schule, den Schülerinnen und Schüler und den Eltern, die unter den Bedingungen des digitalen Fernunterrichts erheblich gelitten haben. Die Herausforderungen, die diese neue Lage mit sich bringt, werden uns auch weiterhin begleiten. Es ist vermutlich nur eine Frage der Zeit, bis wir Online-Unterricht mit allen Begleiterscheinungen – vermutlich in vielfältigen hybriden Formen – erneut konfrontiert werden. Wir sollten diese Dimensionen also mitdenken und im Sinne der hochwertigen Bildung und Erziehung der uns anvertrauten Kinder und Jugendlichen an guten Lösungen für die Zukunft arbeiten.
Gerne möchten wir Sie/Dich auf folgende Empfehlungen aufmerksam machen:
Infoportal zur psychischen Gesundheit für Kinder und Jugendliche Corona und Du. Ein Projekt der Kinder- und Jugendpsychiatrie des LMU Klinikums München in Partnerschaft mit der Beisheim Stiftung